Auch in Deutschland ist das Wetten auf Sportereignisse ein beliebter und mittlerweile sehr lukrativer Zeitvertreib. Die Deutsche Telekom wagte schon einmal mit dem Online-Portal tipp3.de einen Vorstoß in diese Richtung, stellte aber ausgerechnet einen Tag vor Beginn der EM 2016 den Betrieb der Webseite ein. Das Vorhaben des Telekommunikationskonzerns, Konzernanteile vom Wettanbieter Tipico zu erwerben, kam ebenfalls nicht zustande. Aber warum eigentlich?
Schon seit geraumer Zeit versucht das Kommunikationsunternehmen Telekom, einen Einstieg in das umsatzstarke Online-Glücksspiel zu finden. Dem US-Nachrichtendienst Reuters zufolge befand sich im April ein neues Vorhaben zumindest schon in der Planungsphase: Die Telekom wollte angeblich in Kooperation mit dem Investor Centerbridge den Glücksspiel-Anbieter Tipico aufkaufen. Der Kommunikationskonzern befand sich mutmaßlich in direkter Konkurrenz zu anderen potentiellen Bietern wie der CVC und der XIO Group, einem chinesischen Unternehmen.
Es hieß, dass der als buyout-Gruppe bekannte Finanzinvestor Centerbridge in Kooperation mit der Telekom bei diesem Deal den Hauptanteil des Dienstleisters Tipico übernehmen wollte, während die Telekom selbst einen geringeren Anteil getragen hätte. Die Telekom äußerte sich zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht zu dem Bericht. Fest steht allerdings, dass der Verkauf an Centerbridge und die Telekom nicht stattgefunden hat. Tatsächlich scheint sich die Telekom mit der Einstellung des Portals tipp3.de vorerst ganz aus dem Sportwetten-Geschäft zurückgezogen zu haben.
Die Tipico Co. Ltd. ist ein erfolgreicher Anbieter für Livewetten, Online-Casinos und -Sportwetten sowie Sponsor von diversen Fußballvereinen wie z.B. dem FC Bayern und Hamburger SV. Der Gesamtwert des Unternehmens wird auf eine Milliarde Euro taxiert.
Umsätze in Milliardenhöhe
Sportwetten im Internet erfahren in Deutschland derzeit einen regelrechten Boom. Und das liegt sicherlich auch daran, dass man sich mit Wetten ein durchaus passables passives Einkommen generieren kann. Denn nur mit wenigen Klicks ist es mittlerweile auch unterwegs über das Smartphone möglich, eine Wette auf seinen Lieblingsklub oder auf den Lieblingsspieler abzugeben und mit dem richtigen Know-how horrende Summen einzufahren.
Zuletzt sorgte die Fußball-EM für einen weiteren erfolgreichen Anstieg bei Wetteinsätzen und dementsprechend auch bei den Umsätzen: Einschätzungen der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia zufolge könnten die Einsätze in diesem Jahr sogar bei 5,1 Milliarden Euro liegen. Die zusätzlichen Umsätze für Sportwettenanbieter könnten sich auf 150 Millionen Euro belaufen. Bei einem Umsatz von 4,8 Milliarden Euro in 2014 würde das einen Anstieg von sieben Prozent bedeuten.
Goldmedia GmbH Strategy Consulting stellte weiterhin fest, dass dieser Zuwachs nicht nur der Fanbegeisterung und Liebe zum Spiel zu verdanken ist, sondern auch in elaborierten Marketingkampagnen begründet liegt. Die aktuelle Marketingoffensive von Tipico mit Oliver Kahn und Peter Schmeichel als Testimonials legt darüber Zeugnis ab.
Infografik: Sportwettenboom in Deutschland. Infografikquelle: eigene Darstellung
Hohe Umsätze lassen auch Gelder in die Staatskassen fließen
Während 4,9 Milliarden Euro der Einnahmen aus Wetten von privaten Unternehmen stammen, kommen tatsächlich nur etwa 0,2 Milliarden der Gesamteinnahmen von staatlichen Anbietern. Die staatlich nicht zugelassenen Dienstleister sind also weiterhin äußerst beliebt, auch wenn 2012 ein Glücksspielstaatsvertrag konzipiert wurde, der diese Anbieter in eine rechtliche Grauzone verweist.
In diesem ist festgeschrieben, dass lediglich 20 private Anbieter in Deutschland eine entsprechende Konzession erhalten dürfen. Von diesen wurden bisher auch 20 Konzessionen vom zuständigen Hessischen Ministerium an Unternehmen wie Oddset, DSW und Cashpoint, Wetttochter des Spielautomatenherstellers Gauselmann, ausgegeben. Der Vertrag und die entsprechenden Konzessionen sieht man inzwischen jedoch als fehlgeschlagene Konzepte an, zumal die Vergabe mit einer Vielzahl von Klagen belegt wurde, auf die ziemlich eindeutige Urteile folgten. Grundsätzlich lässt sich behaupten, dass das Vergabeverfahren als nichtig eingestuft wurde.
Die Anbieter ohne Konzessionen operieren derzeit auf dem sogenannten „grauen Markt“. Das bedeutet, dass diese Unternehmen den deutschen Regulierungsbehörden unterliegen, aber nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes trotzdem weiterhin frei arbeiten und ihren Wettservice anbieten dürfen. Der zusätzliche Umsatzanstieg im Sportwettenbereich wirkt sich allerdings positiv auf die Steuereinnahmen aus: In Deutschland werden Steuern auf Wetten, welche die Anbieter im Internet abschließen, allerdings nicht eingetrieben. Dennoch zahlen viele Wettunternehmen kurioserweise brav und gesetzestreu ihre Abgaben.
Der Grund dafür mag sein, dass viele Dienstleister zwar noch keine offizielle Lizenz besitzen, aber weiterhin darauf hoffen, eine erteilt zu bekommen und daher bereits jetzt nicht aus dem rechtlichen Rahmen fallen wollen. Durch diese Entwicklung rechnet man mit einer Finanzspritze für die Staatskasse in Höhe von 250 Millionen Euro.
Maßnahmen zum Spielerschutz schwer zu kontrollieren
Die Kehrseite dieser für den Staat aus finanzieller Sicht durchaus positiven Entwicklung ist, dass die Einhaltung der Maßnahmen zum Spielerschutz aufgrund fehlender rechtlicher Befugnisse nicht kontrolliert werden können. Derartige Maßnahmen beinhalten unter anderem:
- Spielsucht bestmöglich verhindern und Hilfestellungen und Voraussetzungen für eine entsprechende Suchtbekämpfung schaffen
- Die Ausbreitung des Glücksspiels auf dem Schwarzmarkt einschränken
- Auf Jugendschutz achten und diesen bewahren
- Spieler vor Betrug schützen, speziell für den Onlinebereich:
- Ausschluss gesperrter und minderjähriger Spieler
- Gewährleistung von Identifizierung und Authentifizierung der Spieler
- Höchsteinsatz von 1.000 Euro je Spieler sollte pro Monat nicht überschritten werden
- Spieler sollte man dazu auffordern, ein tägliches, monatliches oder wöchentliches Limit für Einzahlungen und Verluste festzusetzen
Tabelle: Fünf empfehlenswerte Wettanbieter
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Telekom hat kein Glück auf dem Glücksspielmarkt
Es ist also nicht verwunderlich, dass auch die Telekom ein Stück von diesem äußerst schmackhaften Kuchen abhaben wollte. Schon 2015 plante der Telekommunikationsriese, mit Sportwetten Geld zu verdienen und kaufte 64 Prozent des Anbieters Deutsche Sportwetten GmbH auf. Zum Kaufzeitpunkt konnte die Telekom aber noch keine staatliche Sportwettenkonzession erhalten.
Allerdings war es dem Konzern möglich, unter der Lizenz der Österreichischen Sportwetten GmbH zu operieren, welche wiederum die Deutschen Sportwetten GmbH einst gründete. Zwar gab das österreichische Wettunternehmen einen Großteil seiner Anteile und damit die Kontrolle über den Dienstleister mit diesem Verkauf auf, aber es blieb weiterhin zu einem nicht unerheblichen Teil daran beteiligt.
Dies war der erste Versuch der Telekom, sich einen Weg in den lukrativen Glücksspielmarkt zu bahnen. Das entsprechende Angebot konnte auf tipp3.de in Anspruch genommen werden, wo hauptsächlich auf Fußball, aber auch auf andere Sportarten wie z.B. Basketball, Formel 1 etc. gewettet werden konnte. Überraschend gab das Portal allerdings einen Tag vor der EM den Betrieb auf.
Noch bestehende Wetteinsätze zahlte man selbstverständlich an die Kunden bzw. ehemaligen Kunden zurück. Eine Begründung für die Einstellung nannten weder das Portal noch die Telekom. Spekuliert wird jedoch, dass das Unternehmen dem anspruchsvollen und konkurrenzstarken Markt nicht gerecht werden konnte. Dies ist insofern verwunderlich, da die Telekom aufgrund rentabler Prognosen dem eigenen Engagement zu Anfang äußerst positiv entgegensah und einen verantwortungsvollen Umgang bei Sportwetten anstrebte.
CVC Partners neuer Player auf dem Spielfeld
Letztendlich ist es seitens der Telekom nicht zu einem Anteilskauf von Tipico gekommen. Stattdessen hat sich das Finanzunternehmen CVC Partners den alleinigen Zuschlag für den Wettanbieter gesichert und 60 Prozent des Dienstleisters aufgekauft.
Unter den anderen Anteilseignern befinden sich hauptsächlich Privatinvestoren, die sich im Kreise von Jan Bolz, Vorstandschef der 2004 als Handelsunternehmen gegründeten Tipico Co. Ltd., bewegen. Der Bieterwettstreit spielte sich unter der Führung der US-Bank J.P. Morgan ab. Die zum Verkauf gestandenen Anteile sollen dabei hart umkämpft gewesen sein, schließlich steht das Unternehmen mit einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz weit oben bei den Online-Wettanbietern.
Dies hat sich CVC auch eine ordentliche Summe in Höhe von 1,5 Milliarden Euro kosten lassen. Das Unternehmen CVC Capital Partners wird von Alexander Dibelius geführt, der einst Europachef von Goldman Sachs war und gewiss einiges an Finanzexpertise mitbringt. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.
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